Nextcloud & OnlyOffice: Die datensichere Alternative zu Microsoft 365

Nextcloud und OnlyOffice: Die Symbiose, die Microsoft 365 herausfordert

Es ist eine der bedeutendsten Entwicklung in der Welt der Open-Source-Kollaboration: Die Integration einer vollwertigen Office-Suite direkt in die eigene Cloud-Umgebung. Wer heute eine Nextcloud-Instanz betreibt, muss für Textverarbeitung, Tabellenkalkulation und Präsentationen nicht mehr auf externe Tools oder die Cloud-Dienste der großen US-Konzerne zurückgreifen. OnlyOffice hat sich hier als der De-facto-Standard etabliert – und das aus gutem Grund.

Die Kombination aus Nextclouds File-Sharing- und Synchronisationsstärke mit OnlyOffices leistungsfähiger Dokumentenbearbeitung schafft ein geschlossenes Ökosystem, das in vielen Unternehmensumgebungen eine echte Alternative zu Google Workspace oder Microsoft 365 darstellt. Dabei zeigt sich immer wieder: Die Integration geht weit über eine simple Verknüpfung zweier Systeme hinaus. Sie bildet die Grundlage für eine komplett eigenständige Digital Workplace-Strategie.

Vom File-Hosting zur kompletten Kollaborationsplattform

Nextcloud hat sich längst vom reinen Datei-Ablageplatz zum umfassenden Collaboration-Hub gemausert. Talk für Videokonferenzen, Calendar und Contacts für die persönliche Organisation, Deck für Brainstorming – die Erweiterungen sind vielfältig. Doch die Dokumentenbearbeitung blieb lange eine der größten Lücken. Zwar gab und gibt es die Integration mit Collabora Online, einer anderen Open-Source-Lösung auf Basis der LibreOffice-Technologie. Aber OnlyOffice bringt einen entscheidenden Vorteil mit: eine nahezu lupenreine Kompatibilität mit dem Microsoft-Office-Format.

Das ist kein Zufall. OnlyOffice, früher bekannt als TeamLab, wurde von Anfang an mit dem Ziel entwickelt, eine möglichst hohe Kompatibilität zu den .docx-, .xlsx- und .pptx-Formaten zu gewährleisten. Die Entwickler setzten dabei nicht auf Reverse Engineering, wie es bei anderen Lösungen häufig der Fall ist, sondern nutzten die offiziell von Microsoft veröffentlichten Spezifikationen. Das Ergebnis ist beeindruckend: Formatierungen bleiben in der Regel erhalten, komplexe Tabellenfunktionen werden korrekt dargestellt, und sogar Makros können in der OnlyOffice-Umgebung ausgeführt werden.

Für Unternehmen, die von Microsoft Office umsteigen wollen oder müssen, ist das ein entscheidendes Argument. Der Wechselschmerz wird erheblich reduziert, Schulungsaufwand minimiert sich, und die Akzeptanz bei den Anwendern steigt. Ein interessanter Aspekt ist dabei die Benutzeroberfläche: OnlyOffice orientiert sich stark am Ribbon-Interface, das seit Office 2007 zum Standard geworden ist. Für viele Nutzer fühlt sich die Oberfläche daher vertraut an, was die Einarbeitung erleichtert.

Die Architektur der Integration: Mehr als nur ein Plugin

Technisch betrachtet ist die OnlyOffice-Integration in Nextcloud eine Meisterleistung. Es handelt sich nicht um eine oberflächliche Verknüpfung, bei der Dokumente lediglich in einem neuen Tab geöffnet werden. Stattdessen kommunizieren beide Systeme über eine definierte API-Schnittstelle miteinander, den Document Server.

Der OnlyOffice Document Server ist im Grunde ein eigenständiger Dienst, der als Container oder auf einem separaten Server laufen kann. Wenn ein Nutzer in der Nextcloud-Oberfläche auf ein Office-Dokument klickt, leitet Nextcloud diese Anfrage an den Document Server weiter. Dieser lädt das Dokument, öffnet es im Editor und stellt eine Bearbeitungsoberfläche im Browser bereit. Gleichzeitig informiert Nextcloud den Document Server über die Berechtigungen des Nutzers – ob er also nur lesen oder auch schreiben darf.

Die eigentliche Magie passiert bei der Kollaboration. Sobald mehrere Nutzer gleichzeitig an einem Dokument arbeiten, koordiniert der Document Server die Änderungen in Echtzeit. Jeder Tastendruck, jede Formatierungsänderung wird sofort an alle Beteiligten übertragen. Nextcloud hingegen übernimmt die Benutzerverwaltung, die Versionskontrolle und die Speicherung der finalen Datei. Diese Aufgabenteilung macht Sinn: Jedes System tut, was es am besten kann.

Praktisch bedeutet das: Sie installieren den OnlyOffice Document Server entweder auf demselben Host wie Ihre Nextcloud-Instanz oder auf einem separaten Server. In den Nextcloud-Administrationseinstellungen tragen Sie dann die Adresse des Document Servers ein und konfigurieren die Integration. Der Prozess ist gut dokumentiert, erfordert aber durchaus technisches Verständnis, besonders wenn man auf Sicherheitsaspekte wie HTTPS und Zertifikate achtet.

Echtzeit-Kollaboration: Der Game-Changer

Was die Integration wirklich wertvoll macht, ist die nahtlose Echtzeit-Zusammenarbeit. Ähnlich wie bei Google Docs können mehrere Benutzer gleichzeitig an einem Dokument arbeiten und sehen die Änderungen der anderen in Echtzeit. Farbig markierte Cursor zeigen an, wer welchen Abschnitt bearbeitet, und ein integrierter Chat ermöglicht die direkte Kommunikation ohne den Wechsel zu einem anderen Tool.

Für verteilte Teams ist das ein enormer Produktivitätsgewinn. Statt Dokumente per E-Mail hin und her zu schicken und am Ende verschiedene Versionen zusammenzuführen, arbeiten alle an derselben Datei. Nextcloud protokolliert automatisch alle Änderungen und ermöglicht es, bei Bedarf zu früheren Versionen zurückzukehren. Das ist nicht nur praktisch, sondern reduziert auch die Fehleranfälligkeit erheblich.

Besonders beeindruckend ist die Performance bei größeren Dokumenten. Während andere webbasierte Office-Lösungen bei Dateien mit mehreren Dutzend Seiten oft ins Stocken geraten, bleibt OnlyOffice auch bei komplexen Formatierungen und umfangreichen Inhalten meist flüssig. Das liegt an der effizienten Architektur des Document Servers, der nur die tatsächlichen Änderungen überträgt und nicht das gesamte Dokument bei jeder Aktion neu rendern muss.

Nicht zuletzt bietet die Integration auch Offline-Fähigkeiten. Durch die Nextcloud-Desktop-Clients können Benutzer Dokumente auf ihren Rechner synchronisieren und, falls keine Internetverbindung verfügbar ist, lokal mit OnlyOffice bearbeiten. Sobald die Verbindung wiederhergestellt ist, werden die Änderungen synchronisiert. Diese Flexibilität macht die Lösung auch für mobile Arbeitskräfte attraktiv.

Sicherheit und Datenschutz: Die Königsdisziplin

In einer Zeit, in der Datenschutzverletzungen und Compliance-Anforderungen stetig zunehmen, punktet die Nextcloud-OnlyOffice-Kombination mit einem entscheidenden Vortein: Sie behalten die volle Kontrolle über Ihre Daten. Im Gegensatz zu cloudbasierten Lösungen von Microsoft oder Google verlassen Ihre Dokumente niemals Ihre Infrastruktur, es sei denn, Sie konfigurieren sie explizit dafür.

Das ist für viele Unternehmen, besonders in regulierten Branchen wie Healthcare, Finanzen oder der öffentlichen Verwaltung, ein ausschlaggebendes Argument. Selbst wenn der OnlyOffice Document Server auf einem separaten Host läuft, bleibt die Kommunikation innerhalb Ihres Netzwerks – oder zumindest innerhalb einer kontrollierten Umgebung.

Dabei zeigt sich: Die Sicherheit der Integration hängt maßgeblich von der korrekten Konfiguration ab. Standardmäßig kommunizieren Nextcloud und der OnlyOffice Document Server über eine unverschlüsselte HTTP-Verbindung. Für Produktivumgebungen ist das natürlich inakzeptabel. Die Einrichtung von HTTPS mit gültigen Zertifikaten ist daher keine Option, sondern eine Notwendigkeit. Glücklicherweise bietet die Dokumentation hier klare Anleitungen, auch für die Verwendung von Self-Signed-Zertifikaten in Testumgebungen.

Ein weiterer sicherheitsrelevanter Aspekt ist die Isolation des Document Servers. Da es sich um einen Dienst handelt, der potenziell schadhaftes Code ausführen könnte (Stichwort: Makros), empfiehlt es sich, den Server in einem Container oder einer virtuellen Maschine zu betreiben. So kann im Falle einer Kompromittierung der Schaden begrenzt werden.

Die Grenzen der Integration: Wo OnlyOffice an seine Stöße kommt

So beeindruckend die Integration auch ist – sie hat natürlich ihre Grenzen. Wer erwartet, eine exakte Kopie von Microsoft Office 365 im Browser vorzufinden, wird enttäuscht sein. Zwar deckt OnlyOffice die meisten alltäglichen Funktionen ab, aber für hochspezialisierte Anwendungen kann es an die Grenzen stoßen.

Besonders im Bereich der Tabellenkalkulation fehlen einige der komplexeren Funktionen und Diagrammtypen, die Power-User von Excel gewohnt sind. Auch bei sehr spezifischen Formatierungen in Textdokumenten kann es gelegentlich zu Abweichungen kommen, insbesondere wenn diese mit neuesten Versionen von Microsoft Office erstellt wurden.

Ein weiterer Punkt ist die Skalierbarkeit. Während Nextcloud selbst hervorragend skaliert und Instanzen mit zehntausenden Usern keine Seltenheit sind, kann der OnlyOffice Document Server zum Flaschenhals werden. Bei sehr vielen gleichzeitigen Bearbeitungen stößt ein einzelner Server an seine Grenzen. OnlyOffice bietet hier zwar eine Cluster-Lösung an, diese erfordert jedoch zusätzliche Lizenzen und erhöht die Komplexität der Architektur erheblich.

Interessanterweise ist auch die Mobile Experience ein gemischtes Bild. Zwar gibt es OnlyOffice-Editoren für iOS und Android, die Integration mit der Nextcloud-Mobile-App ist jedoch nicht ganz so nahtlos wie im Web-Interface. Benutzer müssen oft zwischen den Apps wechseln, was den Workflow unterbricht.

OnlyOffice vs. Collabora Online: Der Bruderkampf

Eine Betrachtung der Nextcloud-Office-Integration wäre unvollständig ohne den Blick auf den großen Konkurrenten innerhalb der Open-Source-Welt: Collabora Online. Beide Lösungen verfolgen ähnliche Ziele, aber mit unterschiedlichen Ansätzen.

Collabora Online basiert auf der LibreOffice-Engine und bietet daher eine breite Unterstützung für ältere Dateiformate wie .doc oder .xls. OnlyOffice konzentriert sich dagegen auf die moderneren XML-Formate. In puncto Microsoft-Kompatibilität hat OnlyOffice oft die Nase vorn, besonders bei komplexen Formatierungen.

Ein weiterer Unterschied liegt in der Lizenzierung. Während OnlyOffice in einer Community Edition kostenlos verfügbar ist, aber für Enterprise-Features und Support Lizenzen benötigt, bietet Collabora verschiedene Lizenzmodelle an, darunter auch eine kostenpflichtige Online-Version mit erweitertem Support.

Die Entscheidung zwischen beiden Lösungen hängt letztlich von den spezifischen Anforderungen ab. Für Unternehmen, die hohen Wert auf Microsoft-Kompatibilität legen, ist OnlyOffice meist die bessere Wahl. Für Bildungseinrichtungen oder Organisationen mit gemischten Dateiformaten kann Collabora die flexiblere Lösung sein.

Praktische Implementierung: Tipps aus der Praxis

Wer die Integration in seiner Nextcloud-Instanz einrichten möchte, sollte einige praktische Aspekte beachten. Zunächst die Ressourcenplanung: Der OnlyOffice Document Server ist nicht gerade schlank. Für Testumgebungen mag 1 CPU-Kern und 2 GB RAM ausreichen, für Produktivsysteme mit mehreren gleichzeitigen Usern sollten es mindestens 4 Kerne und 8 GB RAM sein.

Die Speicherung der Dokumente erfolgt zwar in Nextcloud, aber der Document Server benötigt temporären Speicherplatz für Cache und Bearbeitungsprozesse. Hier auf ausreichend Performance zu achten – am besten SSD-Storage – zahlt sich in responsiver Bearbeitung aus.

Bei der Konfiguration der Integration gibt es einen oft übersehenen Parameter: die Dokumentgröße. Standardmäßig lehnt der Document Server sehr große Dokumente ab, um Denial-of-Service-Angriffe zu verhindern. Für Unternehmen, die regelmäßig mit umfangreichen Dokumenten arbeiten, sollte dieser Wert entsprechend angepasst werden.

Ein interessanter Aspekt ist die Anpassbarkeit. OnlyOffice bietet umfangreiche Möglichkeiten zur Customization, von der Anpassung der Oberfläche an Corporate Design bis hin zur Integration eigener Plugins. So können Unternehmen spezifische Workflows abbilden, etwa die automatische Verschlagwortung von Dokumenten oder die Integration mit Drittsystemen.

Die Zukunft der Integration: Wohin entwickelt sich das Duo?

Die Entwicklung von Nextcloud und OnlyOffice schreitet rasant voran. Mit jedem Release werden neue Funktionen hinzugefügt und die Integration vertieft. Ein besonders spannender Trend ist die Erweiterung um KI-Funktionen. Nextcloud hat bereits mit Nextcloud Assistant eine eigene KI-Lösung integriert, und es ist nur eine Frage der Zeit, bis diese auch in der OnlyOffice-Integration Einzug hält.

Stellen Sie sich vor: Sie arbeiten an einem Dokument in OnlyOffice und können per Sprachbefehl Text umformulieren, zusammenfassen oder übersetzen lassen – alles ohne dass die Daten Ihre Infrastruktur verlassen. Das wäre ein echter Wettbewerbsvorteil gegenüber den Cloud-Lösungen der großen Anbieter.

Ein weiteres Entwicklungsfeld ist die Erweiterung der Integration über die klassischen Office-Dokumente hinaus. OnlyOffice experimentiert bereits mit Formularen und Projektmanagement-Funktionen, die nahtlos in Nextcloud eingebettet werden könnten. So würde die Plattform noch umfassender werden und weitere Use Cases abdecken.

Auch die Performance- und Skalierbarkeitsverbesserungen bleiben auf der Roadmap. Die Entwickler arbeiten an optimierten Caching-Mechanismen und einer besseren Lastverteilung für große Installationen. Für Unternehmen, die die Lösung flächendeckend einführen wollen, ist das entscheidend.

Fazit: Eine ausgereifte Alternative mit klaren Stärken

Die Integration von Nextcloud und OnlyOffice hat sich von einem experimentellen Feature zu einer ausgereiften Unternehmenslösung gemausert. Sie bietet eine überzeugende Alternative zu den etablierten Cloud-Office-Suiten – besonders für Organisationen, die Wert auf Datenschutz und Kontrolle legen.

Die Stärken liegen klar auf der Hand: die hervorragende Microsoft-Office-Kompatibilität, die nahtlose Echtzeit-Kollaboration und die Möglichkeit, die komplette Infrastruktur selbst zu betreiben. Die Schwächen – begrenzte Skalierbarkeit und fehlende Spezialfunktionen – wiegen für viele Use Cases weniger schwer.

Für IT-Entscheider, die nach einer unabhängigen Kollaborationslösung suchen, ist die Kombination definitiv eine ernstzunehmende Option. Sie erfordert zwar technisches Know-how in der Einrichtung und Wartung, aber der Gewinn an Souveränität und Datenschutz kann diesen Aufwand leicht rechtfertigen.

Am Ende ist es wie so oft in der IT-Welt: Es kommt auf die Anforderungen an. Für eine Marketing-Agentur, die täglich mit komplexen Präsentationen arbeitet, mag OnlyOffice an seine Grenzen stoßen. Für einen mittelständischen Betrieb, der hauptsächlich mit Textdokumenten und Standard-Tabellen arbeitet, ist es dagegen die ideale Lösung. Eins ist sicher: Das Duo Nextcloud und OnlyOffice hat die Landschaft der Unternehmenssoftware nachhaltig verändert – und wird das auch weiterhin tun.