Nextcloud: Was die eigene Cloud wirklich kostet – und wo der Speicher herkommt
Die Idee klingt verlockend: eine eigene Cloud, unabhängig von den großen US-Anbietern, mit voller Kontrolle über die Daten. Nextcloud hat sich hierzulande zum De-facto-Standard für diese Vision entwickelt. Doch der Teufel steckt, wie so oft, im Detail – und das Detail heißt in diesem Fall Speicherplatz, Infrastruktur und die damit verbundenen Kosten. Wer nur auf den Preis der Softwarelizenz (die in diesem Fall glücklicherweise oft Open Source ist) schaut, übersieht das Wesentliche. Die eigentliche Rechnung stellt sich erst bei der Frage nach dem persistenten, performanten und sicheren Speicher.
Dabei zeigt sich ein faszinierendes Spannungsfeld: Nextcloud ist gleichermaßen die Lösung für den ambitionierten Heimanwender auf einem Raspberry Pi mit angesteckter USB-Festplatte wie für Großkonzerne, die Petabytes von Daten in einer hochverfügbaren Object-Storage-Architektur verwalten. Die Bandbreite ist enorm, und dementsprechend variabel sind die Kosten. Eine pauschale Aussage zu Nextcloud-Speicherplatzpreisen ist daher kaum möglich, aber eine fundierte Analyse der Kostentreiber sehr wohl.
Die Illusion der „kostenlosen“ Software
Nextcloud an sich ist kostenlos. Man lädt sie herunter, installiert sie auf einem Server – und schon ist die eigene Cloud betriebsbereit. Dieser einfache Einstieg verleitet dazu, die Folgekosten zu unterschätzen. Die Software ist nur die Hülle, der leere Schrank. Die Kleidung, also die Daten, muss ja irgendwo hinein. Und je mehr Kleidung man besitzt, desto größer und teurer muss der Schrank werden.
Die wahren Kosten einer Nextcloud-Instanz setzen sich aus einer ganzen Reihe von Posten zusammen, die weit über die reine Software hinausgehen:
- Server-Infrastruktur: Ob selbstgehostet auf eigener Hardware oder gemietet als Virtual Private Server (VPS) und Root-Server – die Rechenleistung und der Arbeitsspeimeter müssen bezahlt werden.
- Primärer Speicher: Das ist der direkt mit der Nextcloud-Instanz verbundene Festplattenplatz. Seine Performance und Zuverlässigkeit bestimmt maßgeblich die Nutzererfahrung.
- Sekundärer Speicher / Backup: Eine 1:1-Kopie der Daten auf einem separaten System ist nicht verhandelbar. Das kostet zusätzlichen Speicherplatz.
- Bandbreite: Je mehr Daten von außen abgerufen oder hochgeladen werden, desto höher die Traffic-Kosten, besonders bei Cloud-Hostern.
- Wartung und Betrieb: Der Aufwand für Updates, Sicherheitspatches, Monitoring und Störungsbehebung wird gerne vergessen, verursacht aber langfristig die höchsten Kosten – es sei denn, man setzt auf ein Managed-Hosting-Modell.
Ein interessanter Aspekt ist, dass Nextcloud selbst hier extrem flexibel ist. Man kann die gesamte Infrastruktur selbst stemmen, was hohe Anfangsinvestitionen und viel Know-how erfordert. Oder man wählt einen der vielen Nextcloud-Hoster, die das komplette Paket aus Software, Server und Support anbieten. Letzteres ist in der Regel teurer im laufenden Betrieb, spart aber die Personalkosten für den Betrieb.
Die Speicherarchitektur: Wo die Daten wirklich liegen
Um die Preismodelle zu verstehen, muss man begreifen, wie Nextcloud mit Speicher umgeht. Standardmäßig legt es alle Daten einfach im Dateisystem des Servers ab. Das ist simpel und funktioniert gut für kleinere Installationen. Doch diese Methode stößt schnell an Grenzen, sowohl in puncto Skalierbarkeit als auch Performance.
Die große Stärke von Nextcloud ist seine Fähigkeit, verschiedene Speicher-Backends anzusprechen. Das bedeutet, der physische Ort der Daten muss nicht zwingend die lokale Festplatte des Nextcloud-Servers sein. Über sogenannte External Storage-Treiber oder das mächtigere Object Store-Feature kann Nextcloud eine Vielzahl von Quellen einbinden:
- Lokale und Netzwerkfestplatten: (NFS, SMB/CIFS)
- FTP- und SFTP-Server
- Andere Cloud-Speicher: Amazon S3, Google Cloud Storage, Microsoft Azure Blob Storage oder auch kompatible S3-APIs wie von MinIO, Ceph oder Scality.
- WebDAV-Server
Diese Flexibilität ist der Schlüssel zur Kostenkontrolle. Man kann beispielsweise „heiße“ Daten, auf die häufig zugegriffen wird, auf teuren, aber schnellen SSDs im lokalen Rechenzentrum lagern. Gleichzeitig lassen sich Archivdaten, die selten benötigt werden, auf preisgünstigem Object Storage wie AWS S3 Glacier oder einem selbstgehosteten Ceph-Cluster mit langsamen Festplatten auslagern. Nextcloud kann so konfiguriert werden, dass dieser Prozess automatisch abläuft – eine Art intelligente Speicherhierarchie.
Object Storage als Game-Changer
Die Integration eines S3-kompatiblen Object Storage ist für größere Installationen ein absoluter Game-Changer. Object Storage ist nicht als klassisches Dateisystem organisiert, sondern verwaltet Daten als Objekte in einer flachen Struktur. Das macht es hochskalierbar, robust und oft auch kostengünstiger als klassischer Block- oder File-Storage.
Für Nextcloud bedeutet das: Die Metadaten (Dateinamen, Berechtigungen, Versionen) verbleiben in der leistungsfähigen Datenbank des Nextcloud-Servers, während die eigentlichen Dateiinhalte, die den Löwenanteil des Speicherplatzes ausmachen, im Object Storage landen. Dies entlastet den Nextcloud-Server erheblich und ermöglicht es, Speicherplatz praktisch unbegrenzt und unabhängig von der Serverleistung zu skalieren.
Für Unternehmen, die bereits eine Ceph- oder MinIO-Infrastruktur betreiben, ist dies die ideale Kombination. Sie können ihren bestehenden, kosteneffizienten Speicherpool nahtlos als Backend für die Nextcloud nutzen. Die Kosten pro Gigabyte liegen hier, je nach Skalierung und verwendeter Hardware, oft deutlich unter denen von klassischen Storage-Lösungen.
Preismodelle im Vergleich: Selbsthosting vs. Gehostete Lösungen
1. Der Weg des Selbsthostings
Für viele IT-Abteilungen ist der Reiz, die komplette Kontrolle zu behalten, verlockend. Man kauft Hardware, richtet sie im eigenen Serverraum oder Rechenzentrum ein und verwaltet alles in Eigenregie.
Kostenbeispiel für eine mittelgroße Installation (5-50 Nutzer, 2-10 TB Speicher):
- Server-Hardware: Ein robuster Server mit redundanten Netzteilen, ECC-Arbeitsspeicher und RAID-Festplatten kostet leicht 3.000 bis 8.000 Euro Anschaffungspreis.
- Storage-Erweiterung: Für größere Speichermengen benötigt man ein Disk-Shelf oder ein NAS-System. 50 TB nutzbarer Speicherplatz in einer RAID-6-Konfiguration können mit hochwertigen Festplatten schnell 10.000 Euro überschreiten.
- Stromverbrauch: Ein Server mit direkt angeschlossenem Storage verbraucht kontinuierlich Strom. Bei einem Gesamtverbrauch von 300 Watt und einem Strompreis von 0,35 €/kWh summiert sich das auf rund 920 Euro pro Jahr.
- Wartung und Support: Die Personalkosten für die Administration sind der größte und am schwersten zu kalkulierende Posten. Geht man von nur einer halben Stelle eines Systemadministrators (ca. 40.000 € Jahresgehalt + Lohnnebenkosten) für die Betreuung mehrerer Systeme anteilig aus, können hier leicht 5.000 – 10.000 Euro pro Jahr für diese eine Nextcloud-Instanz zusammenkommen.
Die Kosten pro Gigabyte sind bei diesem Modell extrem schwer zu beziffern, da sie stark von der Auslastung und der Abschreibungsdauer der Hardware abhängen. Grob geschätzt kann man bei einer professionellen Installation mit allem Drum und Dran von Gesamtkosten von 1,50 € bis 4,00 € pro GB und Jahr ausgehen – inklusive Backup und Personalkosten. Klingt hoch? Ist es auch, wenn man es nur auf den Speicher bezieht. Dafür bekommt man aber eine maßgeschneiderte, hochperformante und vollständig kontrollierte Lösung.
2. Infrastructure as a Service (IaaS)
Hier mietet man einen virtuellen Server bei einem Anbieter wie Hetzner, IONOS, AWS oder Azure und installiert Nextcloud selbst. Die Hardware-Verwaltung entfällt, aber die Betriebspflicht für das Betriebssystem und die Nextcloud-Instanz bleibt.
Preisbeispiele (Stand in etwa, Preise schwanken):
- Hetzner EX系列 Server: Ein EX44 mit 4 Cores, 16 GB RAM und 2 x 1 TB NVMe SSD kostet rund 40 € pro Monat. Der Speicherplatz ist hier fest mit der Serverleistung gekoppelt. Will man mehr Platz, muss man auf einen leistungsstärkeren und teureren Server wechseln.
- Hetzner Storage Box: Eine interessante Option ist die Kombination eines kleinen, günstigen VPS (z.B. CX21 für 5 €) mit einer Storage Box. Die Storage Box bietet 1 TB für 4 €, 5 TB für 10 € und 10 TB für 18 € pro Monat. Sie wird per WebDAV oder als externer Speicher eingebunden. Das entkoppelt Speicherplatz und Rechenleistung und ist sehr kosteneffizient.
- AWS EC2 + S3: Ein t3.medium Instance (2 vCPUs, 4 GB RAM) kostet etwa 30 € pro Monat. Der Speicher kommt aus S3, wo der Standard-Tarif bei etwa 0,023 € pro GB und Monat liegt. Für 1 TB wären das rund 23 €. Dazu kommen Kosten für ausgehenden Traffic. Diese Architektur ist sehr flexibel, kann aber durch unerwartete Traffic-Spitzen teuer werden.
Das IaaS-Modell ist agil und vermeidet hohe Kapitalinvestitionen. Die Kosten pro Gigabyte lassen sich hier besser kalkulieren. Bei der Hetzner Storage Box-Lösung liegt man bei etwa 0,004 € pro GB/Monat für den reinen Speicher, plus den Kosten für den VPS. Das ist außerordentlich günstig. Bei einer puren AWS-Lösung bewegt man sich eher im Bereich von 0,03 – 0,05 € pro GB/Monat, abhängig vom gewählten S3-Storage-Tier.
3. Managed Nextcloud Hosting
Das ist die komfortabelste Lösung. Anbieter wie z.B. Hetzner (Storage Share), IONOS, oder spezialisierte Nextcloud-Partner wie regio-iT bieten fertige Nextcloud-Pakete an. Der Kunde bekommt einen Zugang zu einer lauffähigen Instanz, und der Anbieter kümmert sich um alles andere: Installation, Updates, Sicherheit, Performance, Backups.
Preisvergleich Managed Hosting:
- Hetzner Storage Share: 1 TB für 4,25 €/Monat, 5 TB für 16,90 €/Monat, 10 TB für 29,90 €/Monat. Das sind unschlagbar günstige Preise, die vermutlich nur durch die hochoptimierte Infrastruktur und die Bündelung vieler Kunden auf einer Plattform möglich sind.
- IONOS Nextcloud: Liegt mit 2 € für 25 GB im Einstiegspaket deutlich höher pro Gigabyte. Größere Pakete werden vergleichsweise günstiger, bleiben aber über Hetzners Preisen.
- Andere spezialisierte Anbieter: Oft im Bereich von 1-2 € pro Benutzer und Monat für eine Grundkonfiguration mit 5-25 GB, plus Aufpreis für zusätzlichen Speicher, der dann bei 0,10 – 0,50 € pro GB/Monat liegen kann.
Die Preise im Managed-Hosting-Bereich sind extrem transparent. Man zahlt eine monatliche Gebühr für eine klar definierte Menge an Speicherplatz und Benutzern. Die Kosten pro Gigabyte liegen hier, je nach Anbieter und Paket, zwischen 0,003 € (Hetzner) und 0,50 € oder mehr für kleinste Pakete bei manchen Anbietern. Für die allermeisten kleinen und mittleren Unternehmen ist dieses Modell nicht nur das komfortabelste, sondern oft auch auf lange Sicht das kostengünstigste, da der interne Verwaltungsaufwand komplett entfällt.
Die versteckten Kosten: Performance, Skalierung und „Data Gravity“
Die reinen Speicherplatzkosten sind nur eine Seite der Medaille. Eine langsame Nextcloud wird nicht angenommen, egal wie billig der Gigabyte ist. Die Performance hängt von einer Vielzahl Faktoren ab, die alle Geld kosten:
- Datenbank: Nextcloud ist eine datenbankintensive Anwendung. Eine optimierte MySQL/MariaDB- oder PostgreSQL-Instanz auf einer schnellen SSD ist essenziell, besonders wenn viele kleine Dateien synchronisiert werden.
- Redis-Caching: Ein Redis-Server als Caching- und Sperr-Backend ist praktisch Pflicht für eine flüssige Performance mit mehreren gleichzeitigen Nutzern. Das bedeutet einen weiteren Server oder eine weitere Service-Instanz.
- Global Scaling: Sollen Nutzer auf verschiedenen Kontinenten mit niedriger Latenz arbeiten, benötigt man eine verteilte Architektur mit mehreren Nextcloud-Instanzen, die sich einen gemeinsamen Object Storage teilen. Das treibt die Komplexität und die Kosten in die Höhe.
Ein weiterer, oft unterschätzter Kostenfaktor ist die „Data Gravity“. Hat man erst einmal mehrere Terabyte an Daten in seiner Nextcloud, wird ein Wechsel des Hosting-Modells oder Anbieters zu einem riesigen Aufwand. Das Migrieren von 10 TB über eine normale Internetleitung mit 100 Mbit/s Upload dauert theoretisch über 10 Tage – in der Praxis noch länger. Diese Abhängigkeit kann langfristig teuer werden, wenn man mit den Preiserhöhungen eines Anbieters konfrontiert ist.
Fazit: Der Preis der Kontrolle und der Komfort
Die Frage „Was kostet Nextcloud-Speicherplatz?“ lässt sich also nicht mit einer einzigen Zahl beantworten. Sie ist eine Abwägungssache zwischen Kontrolle, Komfort, Performance und Budget.
Für den technisch versierten Einzelanwender oder den Verein ist die Selbsthosting-Lösung auf alter Hardware oder einem günstigen VPS in Kombination mit einer Storage Box die preiswerteste Option. Die Kosten liegen hier im Cent-Bereich pro Gigabyte.
Für kleine und mittlere Unternehmen, die keine eigene IT-Abteilung für diesen Zweck unterhalten wollen, ist Managed Hosting die klare Empfehlung. Anbieter wie Hetzner haben hier mit ihren Storage-Share-Angeboten einen neuen Maßstab gesetzt und zeigen, dass gehostete Nextclouds mit großen Speicherkontingenten extrem konkurrenzfähig zu Dropbox & Co. sein können – bei gleichzeitiger Wahrung der Datensouveränität.
Für Großunternehmen und Institutionen, die maximale Kontrolle, Integration in bestehende Storage-Infrastrukturen (Ceph, S3) und Compliance-Anforderungen haben, führt kein Weg am Selbsthosting vorbei. Hier sind die Speicherplatzkosten selbst nur ein kleiner Posten im Vergleich zu den Aufwänden für Konzeption, Betrieb und Wartung der gesamten Architektur.
Am Ende ist Nextcloud mehr als nur ein Preis pro Gigabyte. Es ist eine strategische Entscheidung für digitale Souveränität. Die Kosten dafür sind heute so niedrig wie nie zuvor, vorausgesetzt, man wählt das Modell, das nicht nur zum Speicherbedarf, sondern auch zum eigenen technischen Sachverstand und personellen Ressourcen passt. Der Markt hat für fast jedes Szenario eine bezahlbare Lösung parat. Man muss sie nur finden.